Geschichtliche Anfänge
Karate ist eine über 2000 Jahre alte Kampfkunst, deren Wurzeln in Indien liegen (siehe auch religiöse Einflüsse). Boddidharma, ein indischer Mönch (520 – 530 n.Chr. als 28. Generation von Buddha), kam zum chinesischen Shaolin Kloster, dort übte er mit den Geistlichen spezielle Techniken, welche aus dem Tierreich und dem indischen Kampfstil Vajramushti abgeleitet wurden.
Die 18 Techniken für Kampfübungen hatten wenig mit den heute bekannten Techniken zu tun und wurden vorwiegend geübt, um das eigene Ki (Energie, vitale Kraft, Lebensaktivität) zu stärken. Es entstand eine Mischlehre für Geist (Meditation) und Körper (Atemübungen, Muskelübungen), um das Meditieren leichter zu machen. Dies war der Grundstein und die Entstehung des Ch´an-Buddhismus (jap. Zen).
Im 7.Jhdt gestand China den Japanern offiziell ihre politische Unabhängigkeit zu. In der Folge entstand ein reger Handels- und Reiseverkehr zwischen den beiden Ländern, dabei wurden die Ryukyu-Inseln (Inselgruppe südlich von Japan bis zur chinesischen Küste) das Ziel vieler solcher Schiffe.
In dieser Zeit reisten die Mitglieder der japanischen Kriegerkaste (Samurai), chinesische Mönche, sowie kampfgewandte buddhistische Wanderpriester und verbreiteten so das Quan-fa (= Bezeichnung für die chinesische Kampfkunst, auch Ch´uan-fa, Gong-fu, Kung-fu oder Kenfat) nach Okinawa.
Über Jahrhunderte hinweg stand die kleine Insel Okinawa im Kreuzfeuer der beiden großen Mächte Japan und China. Die lang anhaltenden und guten Beziehungen zum chinesischen Kaiserreich ermöglichten dem kleinen Inselstaat, sich durch Anlehnung an die hohe chinesische Kultur zu entwickeln. Bereits 1392 wurde in Kumemura, einem Vorort der okinawanischen Hauptstadt Naha, eine chinesische Siedlung errichtet, die bis in die jüngste Vergangenheit einen regen Kulturaustausch ermöglichte. Dort wohnten vom chinesischen Kaiser Gesandte, deren Aufgabe es war, den kleinen Staat mit Rat und Tat zu unterstützen.
Auf Okinawa übte man zu jener Zeit eine Selbstverteidigungsmethode, die man Tôde oder “Te” (auch Ti oder De) nannte. Unter den chinesischen Gesandten befanden sich namhafte Quan-fa Experten und durch gemeinsames Üben vermischten sich die Kampfkunstmethoden und es entstand Okinawa-te. Dies ist der direkte Vorläufer vom modernen Karate. Die meisten dieser chinesisch-okinawanischen Systeme nannte man Kempo-Tôde und später Kempô-Karate.
Das regelmäßige Kommen und Gehen der chinesischen Gesandten steigerte die Vielfalt der im Kampf angewandten Techniken. In demselben Zeitalter wurden diese Selbstverteidigungsmethoden auf Okinawa unter dem Begriff Tôde zusammengefasst. Darin bedeutet das ursprünglich chinesische ldeogramm Tô in der okinawanischen Sprache “Tang-Dynastie”. Mit “Tô” bezeichnete man auf Okinawa alles, was aus China kam, ebenso wie das Land selbst.
“De” ist eine Verzerrung von Te und bedeutet sowohl im Chinesischen als auch im Okinawanischen “Technik” (im Japanischen “Hand”). Manchmal benutzte man als Abkürzung für die okinawanische Selbstverteidigung nur das “Te”, was schlicht und einfach »Technik« heißt. Tôde, in der Übersetzung »Technik der Tang« oder »Technik des Kontinents«, bezieht sich daher auf das chinesische Ouan-fa, das große Ursprungssystem der okinawanischen Selbstverteidigung. Später verwendete man dafür die Bezeichnung Okinawa-te (kurz: Te).
Bereits im 14. Jh. entstanden zwischen China und Okinawa rege Handelsbeziehungen. Im selben Jahrhundert kamen die ersten antiken Formen der chinesischen Kata (Form, Gestalt – in den Kampfkünsten steht der Begriff für eine genau festgelegte Serie von Techniken, in denen die Methoden und Kampfstrategien gegen einen Angreifer verschlüsselt sind) und eine Kopie des Bubishi (altes chinesisches Dokument unbekannten Ursprungs, das mehrere chinesische Stile behandelt) nach Okinawa.
Im Jahre 1429 verbot König Shô-Hashi den Besitz jeglicher Waffen. Dies war die Zeit, in der sich unter chinesischem Einfluß die Kampfmethode der leeren Hand auf Okinawa entwickelte. Gleichzeitig wurden verschiedene landwirtschaftliche Geräte zu Kampfwerkzeugen entwickelt, so entstand der okinawanische Kobujutsu oder Kobudô (okinawische Waffensysteme).
Veränderung zum Okinawa-te
Zu Anfang des 17. Jhdts. wurde Okinawa von dem japanischen Satsuma-Clan erobert und in ein Protektorat des japanischen Imperiums verwandelt. Die Bevölkerung wurde mit Abgaben belegt und unterlag schweren Diskriminierungen. Dies führte zu einer Intensivierung der Kampfkünste, und das Okinawa-te wurde in eine tödliche Waffe umgewandelt. Die Menschen, denen das Tragen von Waffen unter Todesstrafe verboten war, hatten kampferprobte Samurai zum Gegner, und die einzige Möglichkeit, sich zu verteidigen, bestand im Gebrauch ihrer Arme und Beine. Aus jener Zeit stammt die Losung “durch einen Schlag den Tod” (lkken-hissatsu).
In jahrelangen Trainings wurden Arme und Beine gestählt, sodaß sie selbst den schweren Samurai-Panzer durchdringen konnten. Diese Entwicklung ging Hand in Hand mit der Beherrschung verschiedener Arbeitsgeräte, die durch Übung zu gefährlichen Waffen umfunktioniert wurden. Das zuverlässigste Hilfsmittel, um sich gegen einen bewaffneten Samurai verteidigen zu können, war ein stabiler Stock (Rokushaku-bo). Damit wurden vielfältige Verfahren ausgearbeitet, die zum großen Teil heute noch bekannt sind und meist den Namen ihres Erfinders tragen.
Das Okinawa-te bestand aus einer Unmenge von Methoden und Techniken, die ein einzelner Mensch unmöglich alle beherrschen konnte. Doch die Meister konzentrierten sich in ihrem Unterricht auf persönliche Schwerpunkte aus dem Gesamtsystem und lehrten – ohne gleich einen eigenen Stil zu gründen – ihre eigene Auffassung von Kampfkunst.
Sie alle schöpften aus einem riesigen System – dem Okinawa-te -, dem jede persönliche Auffassung untergeordnet blieb, jedoch wenn sie von Wert war, vom Hauptsystem selbstverständlich übernommen und bewahrt wurde. Noch im 18. Jh. wurde lediglich nach dem Gebiet, in dem die Meister wohnten, das Okinawa-te in Shuri-te, Tomari-te (Shôrin-ryû) und Naha-te (Shôrei-ryû) unterschieden.
Der Stil “Shorei-Ryu” entstand also in Naha, einer Hafenstadt, wo die Leute oft auf Schiffen und Hausbooten lebten, auf denen wenig Platz für große Bewegungen vorhanden war. Der Stil der sich dort entwickelte war also geprägt von kurzen, runden, weichen Bewegungen. Aus diesem Stil entstand der heute traditionelle Karatestil GOJU-RYU.
In Shuri und Tomari war mehr Platz vorhanden und so wurden die Bewegungen sehr groß, weitreichend und stark ausgeführt. Aus diesem Stil entstand unter anderem der bekannte SHOTOKAN-Stil.